Wer wir sind

Zur Gründung des Verbandes und zu den Zielen

Am 13. Februar 2020 beschloss der Deutsche Bundestag mit den Stimmen aller demokratischen Fraktionen die offizielle Anerkennung der über 70 Jahre in der Gesellschaft, der Forschung und der Erinnerungskultur verleugneten Opfer des Nationalsozialismus. „Niemand war zu Recht im KZ, auch Menschen mit dem grünen und dem schwarzen Winkel nicht“ diese klare Aussage gilt seitdem.

Der Bundestagsbeschluss war ein wichtiger Meilenstein und voller Erfolg nachdem es so lange aussichtslos schien den marginalisierten Opfern ein würdiges Erinnern zu ermöglichen. Die Initiativgruppe dazu (Julia Hörath, Sylvia Köchl, Andreas Kranebitter, Dagmar Lieske, Frank Nonnenmacher), die mit einer Online-Petition den Bundestagsbeschluss angestoßen hatte, war durchaus zufrieden mit dem Ergebnis, auch wenn er so spät kam, dass praktisch niemand mehr der direkt betroffenen NS-Opfer eine Entschädigung erhielt.

Auch dass die geforderte Einbeziehung der nach dem so genannten „Polenstrafrecht“ Verurteilten nicht erfolgte, ist ein Mangel. Nach diesem als „Kriegsverbrechen“ geltenden Nazi-Recht wurden Polinnen und Polen wegen lächerlich geringfügiger Vergehen zu hohen Gefängnis- und Zuchthausstrafen verurteilt und viele von ihnen in den KZ ermordet.

Gruppenbild der 1. Jahresversammlung.

Gut ist, dass schon bald nach dem Beschluss von der damaligen Kulturstaatsministerin, Frau Monika Grütters, 1,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wurden, um eine Wanderausstellung zu erstellen, in der exemplarische Biografien der so lange verleugneten NS-Verfolgten erstellt werden. Mit positiven Erwartungen wird sich unser Verband die wahrscheinlich 2024 erstmals der Öffentlichkeit präsentierte Ausstellung anschauen und diese dann auch kommentieren.

Der Bundestagsbeschluss hat auch bewirkt, dass sich in der Folge bei den Initiatorinnen und Initiatoren Menschen gemeldet haben, die als Nachkommen der Verleugneten das Interesse bekundeten, einen Verband zu gründen. Dabei ging es zunächst vor allem um das Bedürfnis, sich mit in gleicher Weise Betroffenen auszutauschen, die – oft problembeladenen – innerfamiliären Diskurse zu vergleichen und auf Recherchewege zum Schicksal des jeweiligen Vorfahren aufmerksam zu machen.

Ines Eichmüller war es dann, die Frank Nonnenmacher anlässlich eines Vortrages im Februar 2022 in Fürth davon überzeugte, dass die Zeit reif sei, einen Verband für das Erinnern an die Verleugneten zu gründen. Die „Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft – EVZ“ stellte auf unseren Antrag hin Fördermittel zur Verfügung, um die Gründungsversammlung und die Gründungskosten zu finanzieren. Ein schönes und wichtiges Zeichen einer Stiftung des Bundes nach so vielen Jahren ausgebliebener Entschädigung.

Mit der freundlichen und solidarischen Mithilfe des Nürnberger interkulturellen Arbeiter- und Jugendvereins „Junge Stimme“, der als gemeinnütziger Verein die Fördermittel entgegennehmen durfte und für uns abrechnete, konnten wir dann am 21./22. Januar 2023 einen Gründungskongress in Nürnberg durchführen. Die Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus gGmbH hieß die Nachkommen und wenigen geladenen Gäste in ihren Räumen willkommen und unterstützt(e) die Gründung ebenfalls tatkräftig – u.a. ist der Sitz des Vereins daher in Nürnberg und die Postanschrift die des „CPH“.
Zur Gründungsversammlung waren nur Menschen aufgerufen, die selbst oder deren Vorfahren oder Verwandte im KZ den schwarzen oder grünen Winkel tragen mussten oder ähnlich von den Nazis in die Kategorien „asozial“ oder „berufskriminell“ einsortiert wurden.

In dem nun gegründeten Verein können alle Menschen Mitglied werden, welche die Vereinsziele teilen.

Neben den oben bereits genannten Zielen wurde beschlossen, dass der Verband auch öffentlich aktiv werden soll. Zu kritisieren ist nämlich, dass bis auf die vom Bundestag beschlossene Wanderausstellung wesentliche Teile des Bundestagbeschlusses vom Februar 2020 bis heute nicht umgesetzt sind. Denn damals wurde auch beschlossen, systematische „Forschungsaufgaben zu finanzieren, um das Schicksal der von den Nationalsozialisten als ‚Asoziale‘ und ‚Berufsverbrecher‘ Verfolgten weiter aufzuarbeiten“ sowie Forschungsarbeiten zu „der noch wenig erforschten Rolle der beteiligten Verfolgungsinstanzen finanziell zu fördern“.

Unser Verband wird in diesen Punkten nicht nachlassen, auch öffentlich an die Verpflichtung der jeweiligen Bundesregierung zu erinnern, den Bundestagsbeschluss vom Februar 2020 durch Bereitstellung der entsprechenden Haushaltsmittel umzusetzen.

Wir werden auch die Frage öffentlich stellen, wie denn der Bundestag die Selbstverpflichtung erfüllen wird, die so lange verleugneten Opfergruppen „zukünftig stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken und ihnen einen angemessenen Platz im staatlichen Erinnern zu verschaffen“. Bisher jedenfalls waren in den Gedenkstunden des Deutschen Bundestages zum 27. Januar die Verleugneten noch nie im Mittelpunkt. Auch ein zentrales Mahnmal, das es für andere Opfergruppen – auch andere erst verspätet anerkannte – längst gibt, ist noch nicht einmal in der Diskussion.

Ein eigener Beitrag unseres Verbandes, die verleugneten NS-Opfer ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, besteht in einem Buchprojekt, das im Frühjahr 2024 im Campus-Verlag erscheinen wird: Zwanzig Nachkommen von Menschen, die von den Nazis als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ diffamiert, erniedrigt, gequält und zum Teil ermordet wurden, erzählen von ihrem jeweiligen Vorfahren, aber auch von der anhaltenden Ausgrenzung nach 1945.

Foto der beiden Vorstandsmitglieder Ines Eichmüller und Frank Nonnenmacher

Der erste Vorsitzende

Frank Nonnenmacher ist emeritierter Professor für die Didaktik der Sozialwissenschaften an der Goethe-Universität. Er hatte das Glück, dass er Antworten erhielt, als er als junger Mann in den früher 70er Jahren seinem Vater Gustav und seinem Onkel Ernst die damals allenthalben an die Vätergeneration gestellte Frage richtete: „Und was hast DU damals gemacht?“ Während der Vater für Hitlers Luftwaffe geflogen war, war der Onkel als „Asozialer“ und „Berufsverbrecher“ in den KZ Flossenbürg und Sachsenhausen. Frank Nonnenmacher hat später die Doppelbiografie geschrieben: „DU hattest es besser als ICH“.
Frank Nonnenmacher ist ein Initiator des schließlich erfolgreichen Appells an den Deutschen Bundestag zur Anerkennung der verleugneten Opfer des Nationalsozialismus.
Er wurde auf der Gründungsversammlung von „vevon“ am 22. Januar 2023 einstimmig zum ersten Vorsitzenden gewählt.

Die zweite Vorsitzende

Ines Eichmüller ist Urenkelin eines KZ-Häftlings mit schwarzem Winkel. Die Politikwissenschaftlerin M.A. stellt sich heute die Frage, welche Rolle die Verleugnung auf ihre eigene Sozialisation hatte. Mit Mitte zwanzig hatte sie bereits die Grüne Jugend Bayern und die Grüne Jugend Bundesverband mitgegründet und war deren Sprecherin/Vorsitzende, war Kreisvorsitzende der Nürnberger Grünen und hatte Preise wie den „Young Women in Public Affairs Award“ erhalten. Sie entschied sich dann ihre Zeit zu nutzen, um die unerzählten Familiengeschichten zu sammeln und Menschen zu helfen, ihr schamhaftes Schweigen zu beenden. Beruflich ist sie mit der Energiewende für die Metropolregion Nürnberg betraut.

Kassiererin und Mitgliederverwaltung

Eva Fischer war Lehrerin für Deutsch, Gesellschaftslehre (Geschichte und Sozialkunde) und evangelische Religion und arbeitete fast ausschließlich an Integrierten Gesamtschulen, davon 19 Jahre als Rektorin/Stufenleiterin. Von 1991 bis 1996 war sie an die Universität Frankfurt abgeordnet als Pädagogische Mitarbeiterin im Fachbereich Neuere Philologien. Sie engagierte sich 17 Jahre lang in der Evangelischen Jugendarbeit. Sie ist mit Frank Nonnenmacher verheiratet. Durch ihn lernte sie Ernst Nonnenmacher kennen und war beeindruckt und berührt von seiner Lebensgeschichte. Er war bereit im Unterricht ihrer Klasse über sein Leben und seine Zeit in den Konzentrationslagern zu sprechen.

Kontaktmöglichkeiten

1.Vors@dieverleugneten-vevon.de
2.Vors@dieverleugneten-vevon.de
verwaltung@dieverleugneten-vevon.de